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Winterbekleidung nach Kneipps Prinzipien: Gesundheit und Wohlbefinden fördern

Pfarrer Sebastian Kneipp (1821–1897), bekannt für seine ganzheitlichen Gesundheitsansätze und sein Engagement für die Naturheilkunde, hatte auch klare Vorstellungen darüber, wie man sich im Winter angemessen kleiden sollte. Seine Empfehlungen basieren auf der Überzeugung, dass die richtige Kleidung nicht nur vor Kälte schützt, sondern auch das Wohlbefinden und die Gesundheit fördert. In seinem Werk “Meine Wasserkur” beschreibt Pfarrer Kneipp in der Einleitung zur ersten Auflage ausführlich seine Empfehlungen für eine angemessene Winterkleidung (Sebastian Kneipp, Meine Wasserkur, So Sollt Ihr Leben, TRIAS-Verlag 9. Auflage 2018, ab S. 22).

Schichtenprinzip

Kneipp empfahl, sich in mehreren Schichten zu kleiden. Dies ermöglicht eine bessere Anpassung an wechselnde Temperaturen und Aktivitäten. Die Basis sollte aus einer atmungsaktiven Schicht bestehen, die Feuchtigkeit von der Haut ableitet. Darüber kann eine isolierende Schicht getragen werden, die Wärme speichert, gefolgt von einer wind- und wasserabweisenden äußeren Schicht. Wichtig ist, dass die Kleidung nicht zu eng anliegt, um eine wärmende Luftschicht zu erzeugen, aber auch nicht hermetisch abgeschlossen wird. Der Hals sollte nur leicht bedeckt bleiben, um Wärmestau zu verhindern. Ein häufiger Fehler ist, sehr warme Mützen, Schals und sehr dicke Jacken zu tragen und die Beine dünn zu bekleiden, was zu verstärktem Frieren an den Beinen führen kann. Dies entsteht, weil sich das Blut vor allem im gut isolierten Bereich anreichert und die Beine und Füße weniger durchblutet werden.

Naturmaterialien

Ein zentraler Punkt in Kneipps Ausführungen ist die Verwendung von Naturmaterialien. Wolle, Baumwolle und Leinen sind ideale Stoffe für die Winterkleidung. Wolle speichert Wärme und leitet Feuchtigkeit ab, während Baumwolle angenehm auf der Haut liegt und atmungsaktiv ist. Kneipp empfahl Leinenstoffe für die Unterbekleidung, da sie Feuchtigkeit gut aufnehmen und eine hautanregende Wirkung haben können. Heute wird Leinen eher im Sommer verwendet, aber der Grundsatz bleibt: Die Kleidung sollte keinen Wärmestau verursachen oder Schwitzen provozieren, was bei Synthetikstoffen passieren kann.

Kopfbedeckung und Handschuhe

Kneipp betonte auch die Bedeutung von Kopfbedeckungen und Handschuhen. Sie sollen empfindliche Körperteile schützen, aber nicht zu Hitzestaus führen. Bewegung spielt eine große Rolle: Früher bewegten sich die Menschen im Winter draußen und arbeiteten körperlich, was den Kreislauf in Schwung brachte. Heute fahren wir meist nur kurze Strecken zwischen geheizten Räumen. Deshalb sind dünne Kopfbedeckungen und leichte Handschuhe oft ausreichend. Eine gewisse Abhärtung der Hände z. B. durch kurzes, kaltes Händewaschen kann die Kältetoleranz verbessern, sofern die Durchblutung vorher gut angeregt wurde.

Fußbekleidung

Die Füße sind besonders kälteempfindlich. Kneipp empfahl daher, warme, gut isolierte Socken zu tragen und auf festes, wärmendes Schuhwerk zu achten. Die Schuhe sollten nicht zu eng sitzen, um eine isolierende Luftschicht zu ermöglichen. Besonders Nässe führt zu kalten Füßen und kann so Blasenentzündungen oder Erkältungen begünstigen. Barfußlaufen oder Tautreten im Sommer können die Füße abhärten und die Durchblutung steigern. Bewegung hilft, kalte Füße wieder zu erwärmen: Ein strammer Fußmarsch oder Treppensteigen wirkt oft Wunder.

Bewegung und frische Luft

Kneipp war ein großer Verfechter von Bewegung an der frischen Luft, auch im Winter. Regelmäßiger Aufenthalt im Freien stärkt die Abwehrkräfte. Dabei sollten wir unsere Kleidung der aktuellen Witterung anpassen, um sowohl Frieren als auch Schwitzen zu vermeiden.  In unseren gut geheizten Innenräumen sollten Mäntel, Jacken, Mützen und Schals sofort abgelegt werden, um Überhitzung und Schwitzen zu vermeiden. Wenig Bewegung kann Frieren begünstigen. Bewegte Pausen im Alltag wären sinnvoller zur Erwärmung geeignet, anstatt sich nur wärmer anzuziehen oder die Heizung hochzudrehen.

Ideale Raumtemperatur

Kneipp empfahl eine optimale Raumtemperatur von 16 bis 17 Grad, keinesfalls über 18 Grad. Diese Empfehlung ist jedoch im historischen Kontext zu sehen und kann für heutige Lebensumstände nicht gelten.  Eine Anekdote berichtet, dass Sebastian Kneipp in einem Holzhaus mit Lücken in den Wänden aufwuchs. Es kam im Winter regelmäßig vor, dass es hereinschneite und der Schnee auf der Bettdecke liegen blieb.

In der heutigen Zeit sollten wir aber auch darauf achten, unsere Räume nicht zu stark zu heizen, sondern Frieren vor allem durch ausreichend warme Kleidung und regelmässige Bewegung zu vermeiden. Auch wärmende Getränke können Frieren entgegenwirken. Der Schlafraum sollte ungeheizt bleiben, aber eine wärmere Decke kann hilfreich sein. Ich erinnere mich an einen jungen Patienten Anfang 20, der wegen sehr trockenen Nasenschleimhäuten und häufigen Infekten im Winter in meine Praxis kam. Beim Gespräch stellte sich heraus, dass er nachts so stark fror, dass er in einem gut beheizten Raum und zusätzlich dicker Bettdecke schlief. Leider hatte er kein Verständnis für meine Empfehlungen, tagsüber den Kreislauf zu trainieren, um nachts weniger zu frieren. Sonst hätte er bald nachts die Heizung abdrehen können, was seinen trockenen Schleimhäuten sicherlich geholfen hätte.